ZIDline
TISS – Planen der Straßen und Roden im Dickicht
Monika Suppersberger, Stefan Bachl, Philip Staud, Andreas Knarek, Wolfgang Kleinert

Das erste Projektjahr geht zu Ende und TISS bahnt sich weiter den Weg durch die bestehende, Schritt für Schritt abzulösende IT-Landschaft der TU Wien. Die ersten Erfahrungen sind lehrreich, viel Spannendes kam ans Licht und vieles wartet noch auf seine Entdeckung –
ein erstes Resümee und ein Blick in die nahe Zukunft.

Projektziele 2009 und der Prozess der laufenden Gewinnung von Planungswissen der TU-Mitarbeiter

Die wachsenden Anforderungen an die IT-Landschaft der Technischen Universität Wien als innerbetrieblich und außerbetrieblich verfügbares Verwaltungs- und Informationssystem für die Bereiche Forschung, Lehre und Verwaltung sowie die immer größer werdende Nachfrage nach einer gemeinschaftlichen Architektur als Basis für eine flexible, rasche und kostengünstige Erweiterung der Gesamtsystematik erfordern eine Ablöse der bestehenden „alten“ Einzelsysteme. Wie bereits in der Juli-Ausgabe der ZIDline berichtet wurde, stellt sich das Projekt TISS („TISS“ steht für TU Wien Informations-Systeme und -Services) dieser Herausforderung und widmet sich der Entwicklung eines soliden Informationssystems, das nicht nur bestehende Einzelsysteme ablösen, sondern auch zahlreiche neue Funktionen bereitstellen wird sowie eine langfristige technologische Basis für Neusysteme der kom-menden Dekade darstellt.

Das Projekt TISS wurde im Jänner 2008 begonnen und steht unter der Leitung von Wolfgang Kleinert, dem Leiter des ZID (kleinert@zid.tuwien.ac.at), der fachlich von Thomas Grechenig, dem Leiter der Forschungsgruppe für Industrielle Softwaretechnik (INSO, thomas.grechenig@inso.tuwien.ac.at), und seinem Team unterstützt wird. Das Projekt hat nunmehr seine frühen Projektphasen hinter sich, die den Fokus auf einen iterativen Prozess zur Etablierung eines Fachkonzeptes sowie der Gewinnung der Technologie-Basis und der IT-Architektur gelegt hat.

Das Fachkonzept als strukturierte Sammlung aller IT-relevanten administrativen Aktivitäten im Hause TU und deren Weiterentwicklung

Zum Zwecke der Erarbeitung und Evaluierung einer wirklich soliden, von den Usern, Mitarbeitern, Management ausgezeichnet mitgetragenen Gesamtlösung finden seit März 2008 in regelmäßigen Abständen fachliche Workshops zu jener breiten Palette von Themen statt, die der Gesamtkomplexität des gut organisierten Hauses TU angemessen ist. Zu einzelnen Themen wurden dabei bereits anschließende Iterationen zur Vertiefung der Analysen und zur Evaluierung der sich daraus entwickelnden Planungskonzepte abgehalten. Das Kernziel dieser Workshops ist die Einbindung sämtlicher Stakeholder, die Einladung zur aktiven Mitwirkung und Mitgestaltung der zukünftigen Workflows. – TISS soll ein IT-System des 21. Jahrhunderts sein: „von allen Mitarbeitern der TU Wien für alle Mitarbeiter der TU Wien“.

Die bisherigen Workshops umfassten folgende Themen:

  • Integration der bestehenden ZID-Services
  • SAP Schnittstellen
  • Personen und Organisationen
  • Gebäude und Räume
  • Studierendenverwaltung und Studierendenservices
  • Studienpläne
  • Lehrveranstaltungsmanagement
  • Alumnimanagement und TU Career
  • Integration und Schnittstellen TUWEL
  • Reporting und Statistiken
  • Kanzleiinformationssystem (KIS)
  • Migration von Personendaten
  • Forschung (Projektdatenbank, Publikationsdatenbank)
  • Aleph Integration

Entwicklung der TISS-Infrastruktur und Development-Basis

Neben der Etablierung dieses Fachkonzeptes (es handelt sich dabei wie bemerkt um die Etablierung eines laufenden Prozesses der Erfassung der Anwendererfordernisse, der in den kommenden zwei Jahren Entwicklungsarbeit aufrecht erhalten bleiben wird) lag der Fokus auf der Schaffung einer Technologie-Basis, der IT-Architektur sowie der Implementierung von Basis-Systemfunktionen, auf denen die verschiedenen Teilsysteme von TISS aufbauen werden. Ein wesentlicher Teil der Entwicklungsarbeit bestand z. B. in der Formulierung und Implementierung eines umfassenden Rollen- und Rechtesystems, mit dem sehr flexibel Strukturen und Hierarchien abgebildet und Rechte an andere Benutzer vergeben bzw. delegiert werden können. – Ein „Um und Auf“ in einem bewegten Haus wie der TU Wien.

Die Integrität der TISS Daten wird über ein eigens konzipiertes Datenmodell sichergestellt (siehe Artikel "TISS Datenstruktur" von Andreas Knarek). Damit kann nicht nur der Zustand eines Datensatzes vor der letzten Aktualisierung, sondern auch zu jedem beliebigen Datum wiederhergestellt werden. Die revisionssichere Protokollierung und Versionierung von Dateneingaben und -änderungen wird auf diese Weise in TISS gewährleistet. Natürlich ist das heute State-of-the-Art für moderne Informationsysteme, im zentralen Verwaltungsbereich unseres Hauses ist es jedoch und ab jetzt Standard für alle zukünftigen Systeme.

Das praxisbekannte Problem der reibungslosen schrittweisen Ablöse der Altsysteme durch TISS und der dafür erforderliche Parallelbetrieb mitsamt dem Konsistenzbedarf beider Systeme wird von einer speziell dafür etablierten TISS-Expertengruppe gelöst. Der Technik-Fachbereich „Migration“ hat eine Planung der kurz-, mittel- und langfristigen Migrationsstrategie etabliert und setzt sie derzeit so um, dass die Anwender mit sehr hoher Sicherheit sich niemals im Laufe der Einführung von TISS vor dem Problem von Datenverlust oder doppelter Eingabe von Informationen in zwei Systeme sehen werden.

Ein erster, für den Anwender noch kaum spürbarer Schritt ist hier schon geschehen: die Migration der Personendaten aus den „alten“ White Pages hinein in TISS ist bereits erfolgt.

Das Adressbuch – der erste Schritt zur Gesamtlösung

TISS leistet als eine Teilaufgabe, ein solides, integriertes Informationssystem bereitzustellen, das die Funktionen von TUWIS, TUWIS++, der Projektdatenbank, der Publikationsdatenbank, der ZID-Personendatenbank sowie den White Pages auf einheitlicher Basis integriert.

Als ersten user-wirksamen Schritt löst TISS demnächst die bestehenden White Pages ab. Das Team erhofft sich hier rege Anteilnahme der Stakeholder und User, ja sogar eine gewisse Menge an Fehlerfällen! Daraus kann das Team vortrefflich für die kommenden „größeren Brocken“ lernen und sich vorbereiten. TISS leistet bei dieser Ablöse der White Pages auch bereits mehr als die rein formale Ablöse des bestehenden Systems durch eine langlebigere technische Systematik. So zeichnet sich das neue Adressbuch der TU Wien u.a. für den Benutzer vor allem durch eine Reihe zusätzlicher Funktionen sowie eine drastisch erhöhte Suchgeschwindigkeit gegenüber den White Pages aus. Es ist z. B. nun möglich, ohne jede Einschränkung gleichzeitig in den drei Bereichen „Mitarbeiter“, „Studierende“ und „Organisationseinheiten“ zu suchen.

Ein neues, von den Anwendern gewünschtes Werkzeug ist z. B. die ins Adressbuch integrierte phonetische Suche. Der zugrunde liegende Algorithmus zur Berechnung der Ähnlichkeiten entspricht der „Kölner Phonetik“ (Wikipedia, abgerufen am 10.11.2008). Dadurch können erstmals die existierenden Daten zusätzlich nach ähnlich klingenden Namen durchsucht werden, womit die Frage nach der Schreibweise bei bestimmten Namen (Maier, Mair, Mayer, Mayr oder Meyer) und Verwandten im offiziellen TU Adressbuch hinkünftig der technischen Kraft unseres Hauses angemessen gelöst ist.

Besonderer Wert wurde z. B. auf das Design einer über- sichtlichen Präsentation der Suchergebnisse gelegt. Als Erweiterung der Funktionalität der White Pages wird die Anzeige der Ergebnisse sortiert nach Relevanz dargestellt. Ein eigenes Regelwerk für die Sortierung listet die Entsprechung der Suchanfrage in einer definierten Reihenfolge auf. Die Reihung ist abhängig von der Stelle, an der die Such-eingabe mit einem Eintrag übereinstimmt. Die Ergebnisse werden in fünf Kategorien gegliedert, wobei sie innerhalb einer Kategorie alphabetisch sortiert werden. Eine Übereinstimmung der Sucheingabe am Beginn von Nachnamen listet die Ergebnisse an oberster Stelle. Mit absteigender Relevanz werden danach Übereinstimmungen innerhalb von Nachnamen, am Beginn von Vornamen, innerhalb von Vornamen und in weiteren Feldern bewertet und aufgeführt. Das klingt beim ersten Lesen natürlich kompliziert. Ist es aber nicht. Ausprobieren und genießen. Der Versuch macht alles klar.

Neben der erweiterten Anzeige der Suchergebnisse wurde auch die Darstellung der Daten einer Person bzw. der Organisationseinheiten überarbeitet und mit einem neuen Layout versehen. Dem persönlichen Eintrag im Adressbuch kann jetzt jeder selbst durch ein Foto seine individuelle Note verleihen.

Innerhalb der Darstellung von Instituten und Abteilungen ist es nunmehr möglich, die in einer Organisationseinheit beschäftigten Personen nach einer von der TISS-Projektgruppe „Fachkonzept“ (J. Eberhardsteiner, J. Fröhlich, G. Steinhardt, A. Hörmann, M. Kolassa, W. Sommer) definierten und auch vom TISS Steering Committee gewünschten Gliederung oder alternativ einfach alphabetisch sortiert aufzulisten. Die alphabetische Sortierung stellt zusätzlich weitere Daten zu Personen, wie deren Funktion, Raumcode und Telefonnummer dar, wodurch die wichtigsten Informationen zu allen Mitarbeitern einer Organisationseinheit immer auf einen Blick ersichtlich sind.

Die individuelle Gestaltbarkeit stand auch bei der neuartigen Titelkonfiguration als primäres Designprinzip im Vordergrund. Diese TISS-Funktion ermöglicht jeder Person, die Reihung der erworbenen akademischen Grade im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu definieren. Nicht nur die Reihung der Titel kann nun von den Personen selbst verändert werden, sondern auch z. B. die Form der Abkürzung der Titel „Diplomingenieur“ und „Doctor honoris causa multiplex“. Möglich sind hier die Abkürzungen „Dipl.-Ing.“ bzw. „DI“ und „Dr.h.c.mult.“ bzw. „Dr.mult.h.c.“. Die vielfältigen Möglichkeiten, Änderungen bei den Mail-Einstellungen vornehmen zu können, wurden vom TISS-Team in ein einheitliches Änderungs-Interface integriert. Dem Unkundigen mag dieses Feature als unbedeutend erscheinen, in der Vergangenheit ergab sich hier allerdings laufend Anpassungs- und Änderungsbedarf, dem wir mit einem Werkzeug Abhilfe verschaffen, das diese Probleme ein für allemal nachhaltig löst.

Die bisher öffentlich zugängliche Anzeige von Studierendendaten im TU Adressbuch wird im Sinne eines bewussten Umgangs mit dem Thema Datenschutz nur noch innerhalb des TU-Netzes oder nach erfolgter Authentifizierung in TISS verfügbar sein. Den Studierenden wird zusätzlich die Möglichkeit der individuellen Entscheidung über die interne Anzeige der einzelnen Daten geboten. Damit kann beispielsweise die Anzeige der E-Mail-Adresse gezielt unterdrückt werden.

Eine der bedeutendsten Kriterien für die Akzeptanz einer Suchmaschine und die Zufriedenheit von Seiten der Benutzer ist neben dem Liefern von möglichen Treffern die Geschwindigkeit, mit der die Suchergebnisse vor allem unter starker Belastung angezeigt werden. Bei der Durchführung von Performance-Tests im Probebetrieb wurden bei 10-facher Last gegenüber der heutigen Last der White Pages keinerlei Performance-Einbußen verzeichnet. Bereits ein Resultat der gut gewählten Architektur.

Erste neue relevante Services für Mitarbeiter und Studierende

Im Fokus der Entwicklung stehen in den kommenden Wochen Fallbeispiele von Anwenderbereichen, die durch die Realisierung in TISS und der damit verbundenen Neukonzeption Entlastung, eine komfortablere Arbeitsumgebung und zusätzliche lange erwartete Features bieten werden. Im Konkreten sind dies z. B. die Studierendenverwaltung, der Bereich Abschlussprüfungen, Mitteilungsblätter und interne Veröffentlichungen. Das TISS-Team sieht auch diese Lösungsbeispiele als Referenz-Lernobjekte für die große Masse an System-Ablösen und -Wechseln in den Jahren 2009 und 2010.

Studierendenverwaltung

Die Optimierung vorhandener sowie die Konzeption neuer Studierenden-Services ist eine Kernvorgabe an TISS. Die erste Phase der Verbesserungen erreicht sowohl die Studierenden als auch die Studien- und Prüfungsabteilung der TU Wien. Im vergangenen Jahr mussten an unserer Universität über 150.000 Zeugnisse (!) ausgedruckt und entweder direkt an Studierende am Schalter ausgegeben oder postalisch verschickt werden. TISS wirkt dem nun entgegen und stellt allen Studierenden ab dem Sommersemester 2009 einen Online-Ausdruck von Einzel- und Sammelzeugnissen sowie diversen Bestätigungen wie dem Studienblatt und der Studienbestätigung zur Verfügung. Wir sind uns alle sicher, dass dies rasch als Entlas-tung der Studien- und Prüfungs­abteilung spürbar wird und natürlich den Komfort für die Studierenden erhöht.

Die gesamte Stammdatenverwaltung der Studierenden wird ab dem kommenden Sommersemester in TISS abgewickelt. Dabei greift das TISS-Team zum ersten Mal die „ältesten Eisen“ der Altsysteme an und entfernt die ersten Teile eines aus IT-Sicht schon ewigen Problems: die bisherige Stammdatenverwaltung gehört zu einer Gruppe von bis zu 40 Jahre alten COBOL-Applikationen, deren Ablöse im Sinne der Wart- und Betreibbarkeit in der Zukunft oberste TISS-Pflicht ist.

Abschlussprüfungen

Erste Entlastung und Unterstützung durch neue Features werden demnächst nicht nur die Mitarbeiter der Studien- und Prüfungsabteilung erfahren. Ausgehend von den positiven Erfahrungen in der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik wurden erste Prototypen und Teilsysteme entwickelt, um die Abwicklung der Abschlussprüfungen zu vereinfachen. Dahinter liegen heute viele unterschiedliche, händische, halbautomatisierte teilweise inkonsistente Prozesse. TISS baut dafür heute eine gut handhabbare, flexible Plattform, die die Automatisierung einheitlich unterstützt. Von dieser Entwicklung werden im ersten Schritt die Mitarbeiter der Dekanate, dann auch die Studierenden profitieren. Letztere vor allem beim Einreichen der Unterlagen für den Abschluss des Studiums. Das händische Ausfüllen des Einreichbogens wird in Zukunft nicht mehr nötig sein. Studierende werden online mittels der in TISS gespeicherten Prüfungsdaten eine ini-tiale Zuordnung der Lehrveranstaltungen zu den Prüfungsfächern machen können, die im weiteren Schritt von den Mitarbeitern des jeweiligen Dekanats bearbeitet und gegebenenfalls vervollständigt werden kann.

Die Dekanatsmitarbeiter sammeln bereits heute erste Erfahrungen im Testbetrieb der speziell auf sie zugeschnittenen Prototypen. TISS ist im Sinne einer anwenderfreundlichen Herangehensweise natürlich in der Lage, die historisch sehr unterschiedlich gewachsenen Mechanismen und Erfordernisse der Abschlüsse in den Dekananten zu unterstützen. Jedem Dekanat seine Vorgehensweise! Die Grundfunktionen decken sich bei den meisten Dekanaten und unterstützen Vorgänge wie das Erstellen und Verwalten von Prüfungsterminen mit allen zugehörigen Daten und Fristen, Prüfungskommissionen und insbesondere auch das Generieren von Dokumenten, die für die Abwicklung und die Bestätigung der erfolgreich abgelegten Abschlussprüfungen nötig sind.

Eine Vereinheitlichung darf das TISS-Team den Fakultäten allerdings nicht ersparen: im Zuge dieser Arbeiten werden die teils sehr unterschiedlich gestalteten Bescheide sowie Zeugnisse sämtlicher Fakultäten in ein einheitliches Layout übergeführt.

Mitteilungsblätter und interne Veröffentlichungen

Auch die Rechtsabteilung des Hauses wird schon sehr früh mit einer eigens auf sie zugeschnittenen Teilapplikation von TISS in Berührung kommen. Für die Erstellung der Mitteilungsblätter sowie auch von Mitteilungen wird an einer Lösung gearbeitet, die bei Bedarf zu einem vollwertigen Redaktionssystem erweitert werden kann. Zusätzlich zu unterstützenden Tools für die Erstellung selbst bringt hier vor allem die Möglichkeit der Versionierung einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem aktuellen System.

Fachkonzept-Workshops

Wie schon in der letzten Ausgabe der ZIDline berichtet, fanden und finden im ersten Jahr der TISS Entwicklung eine Vielzahl von fachlichen Workshops statt. Dabei werden einerseits die Anforderungen an TISS auf ihre Vollständigkeit überprüft und andererseits wird mittels Einbindung der Stakeholder eine optimierte Lösung basierend auf einem konsolidierten Vorschlag erarbeitet und evaluiert. Der Großteil der Themengebiete wurde inzwischen mit zumindest einer ersten Runde bedeckt, mehrere Themen wurden schon in Folge-Workshops vertieft. Die Workshops sind sehr erfolgreich. Das Know-how der Träger im Hause ist ausgezeichnet, es kommen hervorragende Vorschläge und jeder Bedarf und Wunsch mit Qualität wird vom TISS-Team als Systemdesignvorschlag aufgenommen. Mit dem Essen kommt der Appetit, mit der Diskussion über die Gestalt von TISS im jeweiligen Fachbereich kommen die Ideen, Beispiele und Use-Cases der Fachspezialisten. So haben wir es uns gewünscht und so leben es die Mitarbeiter.

Es wird dabei immer deutlicher, dass die Ablöse und Vereinheitlichung die Pflicht von TISS ist, die Verbesserung und Erweiterung die umfassende Kür.

Im Folgenden werden einige der Workshop-Ergebnisse im Überblick dargestellt.

Aus dem Workshop über Studienpläne

An der TU Wien werden derzeit 69 verschiedene Studien (Bachelor- und Masterstudien) für insgesamt 16 Studienrichtungen und 5 Lehramtstudien angeboten, die in ebenso vielen Studienplänen (69!) definiert sind. Hinzu kommen noch einige Studien, für die keine neue Zulassung mehr erfolgen kann, die von Studierenden aber noch bis zu einem definierten Zeitpunkt abgeschlossen werden können. Da es bisher keine definierte Struktur gibt, nach der Studienpläne aufgebaut werden sollen, entstand ein wahrer Wildwuchs an unterschiedlichen Aufbauten und Regelwerken. Um all diese Studienpläne elektronisch möglichst schematisch abbilden und damit verbunden auch effektive IT-Services anbieten zu können, wurde vom TISS-Team „Fachkonzept“ ein übergreifendes Modell erstellt. Dieses wird mit dem Vizerektor für Lehre in mehreren Iterationen überarbeitet und geprüft. In weiterer Folge soll das daraus entstehende Modell eine Vereinheit-lichung geänderter und neuer Studienpläne hinsichtlich der Struktur und der Regelwerke unterstützen. Ein weiteres Ziel dieses Modells ist es, eine effektive Abstraktion der Studienpläne zu etablieren, die mehr Flexibilität in der konkreten Befüllung der Fächer durch Lehrveranstaltungen zulässt.

Ein Beispielservice, das hier u. a. entstehen wird, ist etwa eine individuelle Studienverlaufsanalyse, in der jeder Studierende seinen persönlichen Fortschritt beobachten kann. Diese Verlaufsanalyse würde auch als Unterstützung für die persönliche Semesterplanung dienen und  organisatorische Belange vereinfachen.

Fallbeispiel Kanzleiinformationssystem (KIS)

Seit dem Beginn der Neunzigerjahre wird primär in der Kanzlei und für einige Themen auch in der Studien- und Prüfungsabteilung für die Erfassung, Weiterbearbeitung und Selektion von ein- und ausgehenden Schriftstücken das so genannte Kanzleiinformationssystem (KIS) eingesetzt. Dabei werden heute alle Dokumente mit einer eindeutigen Geschäftszahl versehen, mit deren Hilfe die physischen Exemplare identifiziert und die Verknüpfung zum Eintrag im System hergestellt werden können. Elektronische Post wird ausgedruckt und wie alle anderen Papierdokumente in Ordnern abgelegt. Die Zuordnung und insbesondere das Wiederauffinden eines Dokuments sind dabei stark von der etablierten Konvention abhängig. TISS ist hier bemüht, in enger Zusammenarbeit mit den Anwendern ein Werkzeug zur Verfügung zu stellen, das zur Arbeitserleichterung beiträgt und den Anforderungen der heutigen Zeit (moderne Archivverfahren) entspricht. Das TISS-Team wird die gewohnten Abläufe erhalten, aber neue flexiblere bereitstellen.

Das Beispiel KIS zeigt deutlich, dass man im Laufe der detaillierten Anforderungserhebung für TISS auf eine Vielzahl von Applikationen und Funktionen stößt, die sich über Jahre kaum oder gar nicht verändert haben. Ungenügende Anpassungen von Systemfunktionen an veränderte Anforderungen bringen die User dazu, im Sinne einer dringlichen Notwehr, um das anstehende Problem zu lösen, das bereitstehende System zu „misshandeln“. Es entwickelt sich eine Eigendynamik, die in der Folge mittels „Umgehungen“ zu einer missbräuchlichen Verwendung der Applikation führen kann. Das Kanzleiinformationssystem etwa wird entgegen seiner eigentlichen Funktion für statistische Auswertungen herangezogen, da in bestimmten Fällen nur in diesem System die dafür benötigten Daten gespeichert werden können. Leider ist das KIS jedoch für derartige Auswertungen nicht gerüstet.

Im Zuge der Ablöse der Altsysteme müssen Missstände, die aus mangelndem Support entstanden sind, beseitigt und durch zweckmäßige Lösungen ersetzt werden. Das Aufdecken von „Umgehungen“ alleine führt nicht gleichzeitig zu einer konsolidierten Gesamtlösung. Die Neukonzeption bei gleichzeitiger Erhaltung der bestehenden Daten und Systematiken ist, so auch im Falle des KIS, insbesondere im Sinne einer „seamless“ Migration eine ganz besondere Herausforderung an das TISS-Team.

Fallbeispiel „Paternoster“ der Studien- und Prüfungsabteilung

Im Rahmen der Diskussion der Anforderungen der Studien- und Prüfungsabteilung an TISS wurde nicht nur über eine optimale Ablöse der bestehenden Systeme gesprochen, es traten natürlich eine Reihe neuer Anforderungen zu Tage. Als Beispiel sei der Bedarf nach einem neuen Dokumentenmangementsystem genannt, das bisher mechanisch (!) eine Vielzahl von Akten erfasst und verwaltet. In einem über 40 Jahre alten rotierenden Aktenschrank („Paternoster“) sind Dokumente unterschiedlichster Art über mehrere Jahrzehnte gelagert. Um den Mitarbeitern der Studienabteilung den Zugriff auf diese Dokumente zu erleichtern, gehen die Überlegungen nunmehr natürlich in Richtung einer digitalen Ablage.

Aber auch in anderen Bereichen, wie der Abteilung Gebäude und Technik (GUT), der Rechtsabteilung und der Personalabteilung wurde der dringende Bedarf nach einem Dokumentenmangementsystem festgestellt. Daraus leitet sich das Erfordernis nach einem Gesamtkonzept für ein Dokumentenmanagement ab, das das TISS-Team derzeit planerisch in Angriff genommen hat.

Integration und Schnittstellen zu TUWEL

Das System TUWEL stellt diverse Funktionalitäten zur Abwicklung von Lehrveranstaltungen auf einer e-Learning Plattform zur Verfügung. Insbesondere die flexible Verwaltung von Lehrveranstaltungsunterlagen und unterschiedlichen Gruppen, die Möglichkeit, Foren zu nutzen oder Feedbackzyklen für diverse Abgaben in die Lehrveranstaltung einfließen zu lassen, werden heute gerne genutzt. TUWEL ist damit ein wichtiges Instrument für einige Lehrende der TU Wien geworden. Deshalb ist TISS natürlich bemüht, geeignete Schnittstellen anzubieten und insbesondere die Funktionen, die von beiden Plattformen angeboten werden, geeignet aufeinander abzustimmen.

Beispiel dieser Abstimmung: die parallele Verwendung von Kalendern. Sowohl TISS als auch TUWEL werden eigene Kalender anbieten, wobei wir eine möglichst vollständige Synchronisation der Daten anstreben, da für die meisten Anwender Termine aus beiden Systemen relevant sein werden. Um nicht mehr zwischen zwei Ansichten wechseln oder die Termine in einem dritten, persönlichen Kalender möglicherweise händisch zusammenführen zu müssen, wird derzeit an Konzepten gearbeitet, um den Datenabgleich zwischen den Kalendern von TISS und TUWEL sowie die Kommunikation mit externen Kalen- dern einfach zu ermöglichen.

Neben der Kalenderthematik wird insbesondere die Abstimmung der Bereiche Gruppenmanagement sowie Verwaltung von Lehrveranstaltungsunterlagen für ein erfolg-reiches Docking von TUWEL an TISS von Bedeutung sein.

Beispielthema Forschungsverwaltung

TISS hat als Gesamtsystematik u.a. auch die Aufgabe, Hilfsmittel und Services zur Verfügung zu stellen, um die Forschungsdokumentation zu erleichtern. In diesen Bereich fallen derzeit insbesondere zwei Systeme – die Projektdatenbank und die Publikations­datenbank. Beide Applikationen werden am Ende der Entwicklung zur Gänze Teil von TISS werden. Wie bei den anderen Themen geht es dabei nicht nur um die Migration der bestehenden Systeme, sondern ebenso um zweckmäßige Erweiterungen und Optimierungen der Workflows. Ein ganz wesentlicher Wunsch aller Stakeholder und insbesondere auch des TISS Steering Committees ist die Vermeidung von Mehrfacheingaben von Daten. Die Mitarbeiter sind heute mehrfach mit der Situation konfrontiert, dieselben Daten in unterschiedlichen Systemen mehrfach erfassen zu müssen. Im Bereich Forschung werden sowohl die Projekt- als auch die Publikationsdatenbank zur Erfassung von wissenschaftlicher Dokumentation eingesetzt. Berücksichtigt man das Bibliotheksverwaltungssystem Aleph, sind es streng genommen drei unterschiedliche, großteils voneinander unabhängige Systeme mit redundanter Information und teilweise ähnlichen Inhalten. Durch die Integration in ein einheitliches System sowie die saubere Definition von Schnittstellen zur Anbindung externer Systeme wird auch in diesem Fall am Ende eine deutliche Vereinfachung für die Anwender zu spüren sein.

Ausblick in die nächsten Phasen

Das Jahr 2009 wird für TISS erfahrungsreich und schrittbestimmend. Gelingen die Ablösen wie geplant (rein technisch werden sie dies jedenfalls, betreffend der Akzeptanz wird die Zufriedenheit der Anwender entscheiden), dann hat das Team alle Kernrisiken derartiger Migrationsprojekte überwunden. Natürlich verbleibt dann sehr viel Arbeit bis Ende 2010 in der Perfektion, „Flächendeckung des Systems“ und Erweiterung, es werden aber keine Überraschungen mehr aus professioneller IT-Sicht eintreten. Treten hier noch wesentliche neue Aufwandstreiber auf (große Mengen neuer Anforderungen, Akzeptanz- und Zieldiskussionen), dann müssten die Bau- und Zeitpläne angepasst werden. Derzeit ist damit aber nicht zu rechnen.

Im Fokus stehen 2009 die Ablösen weiterer Altsysteme, die Integration der Felderfahrungen in die Entwicklung sowie die Ergänzung und Erweiterung des Fachkonzeptes nicht zuletzt aufgrund des gewonnenen Feedbacks. Die Schwerpunkte werden dabei auf dem Bereich des Lehrveranstaltungsmanagements und in diesem Kontext verstärkt auf der Schaffung eines rasch agierenden, qualifizierten Docking-Verhaltens für externe und interne Nachbarsysteme liegen.

Die Vertiefung der bisherigen Erfahrungen in weiteren Workshops mit den Facheinheiten wird auch im kommenden Jahr integraler Bestandteil des Fachkonzept-Prozesses sein. Mittels Preview werden die zukünftigen User die Anwendungen, beispielsweise in Form von Prototypen, einer Prüfung unterziehen. Mit dem Feedback und den Erfahrungen der Endnutzer können die Systeme dann optimal an die Bedürfnisse angepasst und weiterentwickelt werden.

Die ZIDline wird laufend in kommenden Ausgaben über die aktuellen Zwischenstände und Ergebnisse berichten. Der interessierte Leser sei auf www.zid.tuwien.ac.at/tiss/ verwiesen und dazu eingeladen, dem TISS-Team über das Kontaktformular (www.zid.tuwien.ac.at/ueber_tiss/kontakt/) oder jederzeit per E-Mail an feedback@tiss.tuwien.ac.at Feedback zu geben.