Die Daten- und Telekommunikationsverkabelung stellt einen wichtigen Teil der Gebäudeinfrastruktur der Technischen Universität Wien dar. Es werden die aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Verkabelungstechnik und der darauf aufbauenden Netzwerktechnologien für die Institutsversorgung dargestellt und die sich daraus ergebenden Anforderungen und Möglichkeiten aufgezeigt.
Abbildung 1: Thinwire-Repeater in einem Installationsschacht montiert
Die weitere Verbindung innerhalb der Gebäude und zum Teil auch Gebäudeverbindungen wurden mit 10Base5-Thickwire ("dickes gelbes Kabel") mit maximal 500 m Segmentlänge realisiert. Damit konnten, dem damaligen Stand der Technik entsprechend, mit geringem Verkabelungsaufwand weite Bereiche relativ schnell mit Datenkommunikationsanschlüssen versorgt werden. Diese Technologie bietet mehrere Vorteile:
Abbildung 2: Funktionsweise einer Ethernet-Bridge
Diese Eigenschaft ermöglicht das Auftrennen von Segmenten und das Abschotten von Bereichen, die lokal sehr viel Netzwerkverkehr produzieren. Repeater und Bridges zur Institutsversorgung sind noch in manchen Gebäudeteilen - besonders an den Standorten Hauptgebäude, Getreidemarkt sowie an kleineren Standorten wie Argentinierstraße, Karlsgasse, Theresianumgasse und Gußhausstraße 28 - in Betrieb.
Primäre Verkabelung: Verbindungen zwischen den Gebäudeverteilern
bzw. Standortverteilern
Sekundäre Verkabelung: Verbindungen der Gebäudeverteiler
mit den Etagenverteilern
Tertiäre Verkabelung: Verbindungen von den Etagenverteilern zu
den informationstechnischen Anschlüssen
Abbildung 3: Prinzip der Verkabelung nach EN50173
Während für die Primär- und die Sekundärverkabelung wegen der Anforderung, größere Distanzen mit entsprechenden Bandbreiten zu überwinden, der Einsatz von Lichtwellenleitern zwingend ist, wurden für die Tertiärverkabelung die Einsatzmöglichkeiten von Lichtwellenleitern und Kupferkabeln der Kategorie 5 miteinander verglichen. Wegen des günstigeren Preises der aktiven Komponenten und der Interfacekarten auf der Seite der Endsysteme wurden bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt an der TU Wien die Weichen in Richtung flächendeckende Versorgung mit strukturierter Verkabelung auf Basis von Kupferkabeln der Kategorie 5 gestellt. Die zum Einsatz gelangenden Kabel der Kategorie 5 bestehen aus 4 Paaren, wobei jedes Paar verdrillt ("twisted pair") ist, um die Übertragungseigenschaften zu verbessern. Der an der TU Wien ausschließlich verlegte Typ, ein so genanntes Shielded-Shielded-Twisted-Pair-Kabel - SSTP - ist etwas aufwendiger aufgebaut. Jedes Paar wird von einer Schirmung geschützt und alle Paare werden gemeinsam noch einmal von einem Schirm umschlossen, siehe Abbildung 4.
Abbildung 4: Aufbau eines Shielded-Shielded-Twisted-Pair-Kabels.
Dieser Kabelaufbau gewährleistet im Gegensatz zu den vor allem im angloamerikanischen Raum verbreiteten Unshielded-Twisted-Pair-Kabeln eine besonders störungsunempfindliche Signalübertragung. Die an der TU Wien eingesetzten Kabel sind besonders hochwertig und übertreffen die geforderten Werte im Bereich der Übertragungsparameter bei weitem. Alle an der TU Wien verlegten Twisted-Pair-Kabel sind im Gegensatz zur Kategorie 5 Norm mit 100 MHz mindestens für 300 MHz geeignet, um zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.
Der bei Patchkabeln zum Einsatz gelangende Kabeltyp ist einfacher, mit geringerem Durchmesser aufgebaut, für die Montage von RJ-45 Steckern geeignet, und ist damit durch das biegsamere dünnere Kabel für den Anschluss von Endgeräten leichter handhabbar, siehe Abbildung 5 rechts. Flachbandkabel, siehe Abbildung 5 links, eventuell ebenfalls mit passendem RJ-45 Stecker konfektioniert, wie sie teilweise für den Anschluss von Telefonen oder ISDN Endgeräten verwendet werden, sind definitiv für die Anforderungen der Datenkommunikation nicht geeignet und dürfen keinesfalls verwendet werden.
Abbildung 5: Links, Anschlussdose für Telekommunikationsendgeräte, Telefone geeignet. Rechts, Twisted-Pair-Anschlussdose für Datenkommunikation.
Als Übertragungstechnik wird auf diesen Twisted-Pair-Kabeln zum Anschluss von Endsystemen im Bereich der TU Wien ausschließlich Ethernet mit 10 MBit/s 10Base-T-Ethernet oder 100 MBit/s 100Base-TX-Ethernet eingesetzt. Diese beiden Übertragungsverfahren benötigen nur zwei der vier in einem Kategorie 5 Kabel vorhandenen Adernpaare. Die besonders in der Anfangszeit der Errichtung strukturierter Verkabelung hohen Kosten und die Tatsache, dass bis etwa 1998 keine Übertragungstechnologie für den Einsatz im TUNET relevant war, die alle vier Paare für die Übertragung gleichzeitig benötigt hätte, führte zu einer Installationsform, die nur ein Kabel pro Doppeldose erforderte und als "halb aufgelegt" bezeichnet wird. Hierbei werden zwei Paare des vierpaarigen Kategorie 5 Kabels auf dem linken Anschluss und zwei Paar auf dem rechten Anschluss aufgeschaltet. Seit 1998 werden keine halb aufgelegten Anschlüsse mehr errichtet, sondern es werden an jede Doppeldose grundsätzlich zwei Kabel herangeführt und alle vier Paare pro Anschluss beschaltet ("voll aufgelegt"). Dies wird in Zukunft auch den Einsatz von Gigabit Ethernet über Kategorie 5 Kabel ermöglichen, wobei alle vier Adernpaare zur Übertragung gleichzeitig genutzt werden müssen.
Abbildung 6: Twisted-Pair-Anschlussdose, voll aufgelegt
TP: Bezeichnung eines Twisted-Pair-Kabels nach TUNET Konvention
DC02O12: Raumcode der TU Wien in diesem Beispiel
DC: Freihaus roter Bereich
02: 2. Stock
O12: Raumbezeichnung
fortlaufende Anschlussnummer innerhalb eines Raumes
1: linker Anschluss
2: rechter Anschluss
Abbildung 7: Halb aufgelegte Anschlussdose
TP-BH0109: Twisted-Pair-Kabel und Raumcode wie oben
-1: fortlaufende Dosennummer innerhalb eines Raumes
A: linker Anschluss
B: rechter Anschluss
Aufgrund dieser Bezeichnung kann daher die Art der Beschaltung abgeleitet werden.
In allen Bereichen, wo seit 1998 in größerem Umfang strukturierte Verkabelung neu errichtet wurde, wird diese Verkabelung auch für die Telefonie benutzt. Es ist auf den 4-paarigen Twisted-Pair-Kabeln technisch leicht möglich, sowohl 2-Draht Telefoniedienste als auch 2-Draht ISDN Dienste oder einen 4-Draht ISDN S0-Bus direkt an einen Arbeitsplatz heranzuführen.
An den Twisted-Pair-Anschlüssen, die für Telefonie genutzt werden sollen, werden kleine Einsätze montiert, die den kleineren RJ11-Steckern, die für den Anschluss von Telefonen Verwendung finden, angepasst sind. Dadurch soll, auch um Beschädigungen von Endgeräten zu vermeiden, verhindert werden, dass an Anschlüsse, die für Telefone beschaltet sind, irrtümlich Endgeräte für Datenkommunikation angeschlossen werden.
Durch die Versorgung von einem zentralen Punkt, dem Etagenverteiler aus, ist volle Flexibilität bei Veränderungen von Standorten oder Neuerrichtungen von Telefonanschlüssen gegeben. Dies ist ein besonders in einem dynamischen universitären Umfeld wichtiger Aspekt.
In Fällen, wo die Anzahl der installierten Anschlüsse in einem Raum für die Anzahl der zu betreibenden Endsysteme nicht ausreicht, ist es, nach Prüfung der Gegebenheiten durch den ZID, prinzipiell möglich, Kleinrepeater direkt an den Twisted-Pair-Anschlüssen in den Institutsbereichen zu betreiben. Dadurch kann zwar die Anzahl der zur Verfügung stehenden Anschlüsse erhöht werden, es müssen aber zusätzlich zur Problematik der geeigneten Verlegung eines Patchkabels von jedem Endsystem zu diesem Kleinrepeater alle prinzipiellen Nachteile der Versorgung mit Repeatern in Kauf genommen werden.
Grundsätzlich stehen Ethernet-Switche mit 10 MBit/s Ports und Ethernet-Switche 10/100 MBit/s Ports zur Verfügung, wobei 10/100 MBit/s Ports beide Geschwindigkeiten unterstützen. In der Standardkonfiguration wird die Auswahl der maximalen Geschwindigkeit zwischen dem angeschlossenen Netzwerkinterface des Endsystems und dem Switchport automatisch ausgehandelt ("autosensing"). Dieser Mechanismus funktioniert in den meisten Fällen problemlos, es kann aber in Problemfällen auch eine fixe Einstellung vorgenommen werden.
Bei der Standardkonfiguration "half duplex" kann der Datenverkehr auf einem Anschluss zu einem Zeitpunkt nur in eine Richtung laufen, vom Switch zum Endsystem oder umgekehrt. Diese Einstellung ist für typische Arbeitsplatzrechner sinnvoll. Für Serversysteme mit massivem Datentransfer in beide Richtungen kann die Konfiguration auf "full duplex" geändert werden, wodurch der Datentransfer gleichzeitig in beide Richtungen ermöglicht wird.
Da der Einsatz von Switches ein sehr effizientes Mittel zu Leistungssteigerung in lokalen Netzen ist, werden in mit TUNET neu zu versorgenden Bereichen seit 1998 fast ausschließlich Switche installiert, und wo möglich vorhandene Repeater durch Switche ersetzt.
Ein Ethernetswitch ist in der Lage, jedes Port einem virtuellen LAN auf Basis einer dreistelligen Nummer (VLAN-ID) zuzuordnen. Damit wird die Verbreitung des Datenverkehrs weiter eingeschränkt, da der Datenverkehr innerhalb eines Switches prinzipiell auf ein VLAN beschränkt bleibt. Auch Broadcasts werden nur innerhalb eines VLANs verbreitet. Diese Trennung in VLANs ermöglicht, durch die Zuordnung von unterschiedlichen organisatorischen Einheiten (z. B. Instituten) zu unterschiedlichen VLANs, mit einem Switch mehrere räumlich benachbarte Bereiche logisch so zu trennen, dass der Netzwerkverkehr des einen Bereiches oder VLANs für den anderen Bereich, das andere VLAN, vollständig unsichtbar bleibt, siehe Abbildung 8.
Abbildung 8: Switch mit 2 VLANs für 2 Institute
Es besteht ohne weitere netzwerktechnische Maßnahmen wie Routing - Weiterleitung von Datenpaketen auf Basis von IP-Adressen - keine Möglichkeit der Kommunikation zwischen unterschiedlichen VLANs, sodass jede Form des Mithörens des Datenverkehrs eines anderen VLANs ausgeschlossen werden kann, auch wenn die Versorgung physisch über den gleichen Switch läuft. Der Einsatz von VLANs unterstützt daher auch den Einsatz von Firewalls, da bei passender Zuordnung von VLANs zu den zwei Interfaces einer Firewall, von dieser Firewall die vollständige Kontrolle über den Datenverkehr zwischen diesen VLANs ausgeübt werden kann. Diese angeführten Möglichkeiten der Beschränkung und Kontrolle des Datenverkehrs stellen eine weitere signifikante Verbesserung der Sicherheit der Datenübertragung in "geswitchten" Netzen dar.
Switche sind auch in der Lage, den Verkehr mehrerer VLANs über eine physische Verbindung auf einen weiteren Switch weiterzuleiten und dort den entsprechenden VLANs wieder richtig zuzuordnen, siehe Abbildung 8. Damit ist die Nutzung von VLANs nicht auf einen Etagenverteiler beschränkt sondern kann - entsprechende strukturierte Verkabelung und geeignete aktive Netzwerkkomponenten vorausgesetzt - überall in einem Gebäudekomplex und mit gewissen Einschränkungen auch gebäudeübergreifend an allen zentralen Standorten der TU Wien erfolgen. Es ist daher möglich, praktisch in jedem Raum eines Gebäudes jedes VLAN zur Verfügung zu stellen und dadurch das Netz unabhängig von den räumlichen Gegebenheiten im Wesentlichen nach organisatorischen Gesichtspunkten zu strukturieren. Die Zielvorstellung für die nähere Zukunft kann - von Ausnahmen und Besonderheiten, die in einem dynamischen Universitätsbetrieb unvermeidlich sind, abgesehen - auf den Punkt gebracht werden mit:
Bei der Inbetriebnahme neu errichteter strukturierter Verkabelung werden, um die Kosten für aktive Komponenten zu begrenzen, auf Basis von Anforderungen der Nutzer nur die Anschlüsse für Datenkommunikation durch Verbindung mit einem Switchport aktiviert, die zu diesem Zeitpunkt wirklich benötigt werden, siehe Abbildung 9.
Abbildung 9: Switch mit Patchkabeln zur Aktivierung der Twisted-Pair-Anschlüsse
Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass alle in einem Raum vorhandenen Anschlüsse, ohne weitere Anforderungen an den ZID zur Aktivierung weiterer Anschlüsse zur Datenkommunikation unmittelbar verwendet werden können.
In Einzelfällen, wo besondere Anforderungen vorliegen oder erwartet werden können, wie z. B. in Laborräumen mit speziellen Umgebungsbedingungen wie starken Magnetfeldern oder in Serverräumen mit speziellen Bandbreitenanforderungen, werden Lichtwellenleiteranschlüsse für den direkten Anschluss von Endsystemen errichtet.
Das am Beginn der Phase der Adaptierung befindliche für die TU Wien neue Gebäude Perlmooserhaus (Operngasse 11) wird in gleicher Qualität ausgestattet werden.
Da besonders im Bereich Gußhausstraße 27-29 bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt begonnen wurde, strukturierte Verkabelung zu installieren, ist wegen der damals gegebenen technischen und finanziellen Rahmenbedingungen ein hoher Anteil von halb aufgelegten Datenanschlüssen vorhanden. Diese Art der Installation ist für die neue bereits am Markt verfügbare Netzwerktechnologie Gigabit-Ethernet nicht mehr verwendbar. Durch die vor Jahren noch hohen Errichtungskosten strukturierter Verkabelung bedingt, wurde nur eine geringe, den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werdende Anzahl von Anschlussdosen installiert. Derzeit besteht keine Möglichkeit, die strukturierte Verkabelung auch für Telefonie zu nutzen, da die vorhandenen Etagenverteiler über keine Verbindung mit der Telefonanlage verfügen. Durch die Rahmenbedingungen (wie bauliche Gegebenheiten) sind viele Etagenverteiler in kleinen Nischen hinter Wandverbauten errichtet worden und bieten nur schlechte Voraussetzungen für einen stabilen Betrieb und keinen Spielraum für zukünftige Erweiterungsmöglichkeiten.
Wegen der Erfordernisse der elektrotechnischen Planung, kompletten Erneuerung der Elektroinstallationen im Haus Gußhausstraße 25 und Bereinigung der Elektroinstallationen Gußhausstraße 27-29 und der damit verbundenen Neuerrichtung der Tragsysteme ergibt sich für den ZID die Notwendigkeit, die vorhandene strukturierte Verkabelung komplett zu erneuern.
Dadurch wird es möglich sein, nach Abschluss der Arbeiten auch in diesen Gebäuden eine dem Stand der Technik entsprechende Ausstattungsqualität zur Verfügung stellen zu können.
Der Standard für 10-Gigabit-Ethernet über Lichtwellenleiter wird innerhalb der nächsten zwei Jahre erwartet. Herstellerspezifische Lösungen befinden sich bereits vor der Markteinführung.
Die Kosten für Interfaces mit Lichtwellenleiteranschluss sind sowohl auf der Seite der Endgeräte als auch auf der Seite der aktiven Netzwerkkomponenten signifikant höher. Sollen die preiswerteren Komponenten mit konventionellen Anschlüssen für Kupferkabel eingesetzt werden, so sind Komponenten zur Konvertierung der Signale erforderlich, die zusätzliche Kosten verursachen.
Heute dem Stand der Technik entsprechende Telefonsysteme erfordern - wie auch die im Herbst 1998 in Betrieb gegangene neue Telefonanlage der TU Wien - den Anschluss der Endgeräte (Telefone) auf Basis von Kupferkabeln. Damit muss auf jeden Fall zu jedem Arbeitsplatz ein Kupferkabel herangeführt werden. Es ist derzeit keine wirtschaftlich einsetzbare Technologie bekannt, die das Führen dieser Telefoniesignale über Lichtwellenleiter ermöglichen würde. Voice over IP - Übertragung von Telefongesprächen über Datennetze - ist beim derzeitigen Stand der Entwicklung vom Standpunkt der Qualität, der Betriebsstabilität und der Kosten für die TU Wien keine Alternative zur konventionellen Telefonie.
Daher wird in unmittelbarer Zukunft "Fiber to the Desk" im Bereich der TU Wien keine Anwendung finden.