Chello StudentConnect an der TU Wien
Johann Klasek
Aufgrund der Diskussionen, die in letzter Zeit anlässlich der
Performance von Chello StudentConnect aufgekommen sind, sollen in diesem
Artikel neben der geschichtlichen Entwicklung die technische Ausstattung
und die Anbindung dieses Services ausführlich dargestellt werden.
Geschichtliches
Nicht lange nach der Pilotprojektphase des Internetzugangs via Kabelanschluss
ist die Möglichkeit in Betracht gezogen worden, auch Studenten und
den Mitarbeitern der TU Wien einen günstigen und schnellen Zugang
als Alternative zur bestehenden Dial-in-Infrastruktur anzubieten (wie dies
zuvor schon der Universität Wien gelungen ist). Diese Überlegungen
mündeten in einen von der TU Wien angestrebten Kooperationsvertrag
zwischen der damaligen Telekabel Ges.m.b.H. (heute abgelöst durch
einen Zusammenschluss aus Chello Broadband und UPC Telekabel, siehe [4])
und der TU Wien. Um hier konkret den Kooperationsvetrag zu zitieren: "Die
Telekabel Wien Ges.m.b.H. erwartet sich einen Zuwachs an Neukunden aus
diesem Zielgruppen-Segment, das traditionell zu den Early-Adopters neuer
Technologien zählt und hier auch eindeutig eine Opinion-Leader Funktion
einnimmt." Im Gegenzug zu dieser Erwartung profitiert die TU Wien von einer
Entlastung der Dial-in-Zugänge und es bestünden somit auch bessere
Voraussetzungen, um z. B. Vorlesungen online abzuhalten. Um den Kabelanschluss
auch wirklich attraktiv zu gestalten, wurde der vergünstigte Tarif
"StudentConnect" zu 390,- statt des Normalpreises von 590,- ausgehandelt.
Dies wurde möglich, indem sich StudentConnect Benutzer weitgehend
auf die Ressourcen der TU Wien stützen:
-
E-Mail und News-Service-Infrastruktur, sowie etwaiger Web-Space wird von
Seiten der TU Wien (bzw. deren Institute) zur Verfügung gestellt.
-
Die TU Wien verpflichtet sich, einen Proxy-Server zu betreiben, der den
Bandbreitenkonsum für den globalen Internetzugriff über die externe
Anbindung der TU Wien (ACOnet, siehe [8], und andere Provider) leitet (siehe
[1], [3]). Dabei bleibt das Transfervolumen im Wesentlichen unbeschränkt,
solange sich die Ziele der aufgebauten Verbindung im ACOnet befinden. Dies
trifft im Speziellen auch für die über den Proxy-Server aufgebauten
Verbindungen zu.
Der erste Ansturm, beginnend im Mai 1998, resultierte in rund 350 Anmeldungen
bis Ende 1998. Die Entwicklung nahm, sicher nicht zuletzt bedingt durch
günstige Einstiegskonditionen seitens Telekabel, einen sprunghaften
Verlauf, wie auch in der nachfolgenden Tabelle ersichtlich ist. Neben den
getätigten Anmeldungen sind auch die derzeit aktiven Anmeldungen angeführt,
die allerdings nicht notwendigerweise mit den tatsächlich vorhandenen
TU StudentConnect Anschlüssen übereinstimmen müssen. Die
Anmeldung bescheinigt lediglich die Zugehörigkeit zur TU Wien, ohne
dass damit eine Aussage über die tatsächlichen Installationen
gemacht werden könnte. Das Verhältnis von TU Angehörigen
zu Studenten verringert sich zusehends, was die Wichtigkeit dieses Angebots
für die Studenten unterstreicht.
Jahr |
Anmeldungen |
derzeit aktiv |
davon Mitarbeiter |
1998 (ab Mai) |
352
|
289
|
15.00 %
|
1999 |
1096
|
1029
|
7.00 %
|
2000 (bis Nov.) |
1232
|
1221
|
6.50 %
|
Summe |
2680
|
2539
|
|
Bereits Ende 1998 zeigten sich verhältnismäßig grobe Schwankungen
in der Verbindungsqualität zwischen dem Chello-Netzwerk und der TU,
die eine vernünftige Verwendung der TU-Ressourcen stark beeinträchtigte.
Zur Verbesserung wurde eine möglichst direkte Verbindung aus dem Chello-Netz
zur TU Wien realisiert. Im Bereich des an der Universität Wien ansässigen
VIX (Vienna Internet eXchange, [9]) wurde vom dort einmündenden Chello-Netz
eine Direktverbindung zur TU Wien geschaltet, die dann vorerst qualitativ
das hielt, was von per Kabelanbindung versorgten Benutzern erwartet wurde.
Die Kapazität der Direktverbindung ist mit 10 MBit/s (jeweils beide
Richtungen) ausgelegt und hat bis heute bei gleichbleibender Konfiguration
keinen Engpass hervorgerufen. Ebensowenig war in diesem Zeitraum die Verbindung
durch nennenswerte Fehlerzustände beeinträchtigt (siehe [7]).
Im Laufe des Jahres 1999 wurde die ehemalige Telekabel Ges.m.b.H. in den
international agierenden UPC (United Pan-Europe Communications, http://www.chello.com/) Konzern eingegliedert (der sich UPC Telekabel nennt), der mit der
Chello Broadband Gesellschaft einen international vertretenen Backbone-Betreiber
vorweisen kann (siehe [4]). Das bis dahin als TeleWeb vermarktete Produkt
der Internetzugangs über Kabelanschluss wurde nun unter dem Namen
"Chello" verbreitet. Das ließ zwar Vorteile für die internationale
Anbindung erhoffen, stellte aber für normale StudentConnect Kunden
der TU Wien - sofern sie die Dienste des Proxy-Services nutzen - kein qualitätssteigerndes
Moment dar. Die in Österreich vorherrschenden Verhältnisse nahmen
leider auch in Bezug auf die TU Wien immer negativere Ausmaße an
(siehe auch [5, 6]).
Massive Ausfälle, z. B. in ganzen Bereichen von
Wien in Tagesausmaßen, Server-Ausfälle und -Beeinträchtigungen
über Wochen andauernd, waren nur ein Aspekt, der die TU Wien betraf
und vor allem den StudentConnect-Benutzern das Leben erschwerte. Zum anderen
Teil war seitens des ZID ein erhöhter Betreuungsaufwand notwendig
geworden, um die Folgen der immer häufiger auftretenden Mängel
im Installations- und Servicebereich von Telekabel zu klären.
Erst
mit Frühling 2000 stabilisierte sich die Situation hinsichtlich der
Serverausstattung für Services und die Gebietsversorgung innerhalb
des Chello-Netzes.
Der weitere Anstieg des Telekabelkundenstammes erhöhte
auch das Transferaufkommen immens, was sich nach und nach in der zunehmenden
Belegung der verfügbaren Chello-seitigen Bandbreitenkapazität
der Chello-TU-Direktanbindung auswirkte.
Die TU Wien reagierte auf das
gesteigerte Transferaufkommen durch die Auslagerung des Proxy-Services
am 11. 8. 2000 auf eine eigenständige Servermaschine, wo alle Ressourcen
ausschließlich der Proxy-Funktionalität zur Verfügung stehen.
Damit wurde auch der mittlerweile schon recht stark belastete Info-Server,
der unter anderem die TU Wien Home-Page anbietet, wesentlich entlastet.
Weiters wurde der Proxy-Server innerhalb des TUNET peripherer positioniert,
sodass die vorwiegend nach außen führenden Verbindungen nun
nicht mehr durch das gesamte TUNET verlaufen.
Im Zuge diverser Security-Maßnahmen
(Portsperren bei den Kundenanschlüssen) seitens Chello kam es am 6.
9. 2000 zu einer unbeabsichtigten Blockierung des Zugangs zum Proxy-Server
der TU Wien mit Auswirkung auf alle Chello-Anschlüsse. Diese etwas
vorschnellen Maßnahmen, gegen die der ZID auch protestierte, wurden
vorerst durch die dedizierte Freischaltung des Proxy-Servers entschärft
und später vollständig fallengelassen.
Im Laufe der Proxy-Server-Existenz
für die Chello-Anbindung waren immer wieder Unregelmäßigkeiten
im Betrieb aufgetreten, welche ihren Ursprung in der Referenzimplentierung
des SOCKS-Server von NEC hatten. Die recht starke Frequentierung des Proxy-Servers
an der TU Wien brachte gänzlich neu, scheinbar ungetestet gebliebene
Lastzustände zu Tage. Die im Frühling des Jahres 2000 installierte
und damals aktuelle Version des NEC SOCKS-Referenz-Servers [11] brachte
wiederum neue Probleme mit sich, die zuerst nur mit einem Workaround gemildert
und seit kurzem durch einen am ZID entwickelten Patch endgültig beseitigt
werden konnten.
Technisches
Die Anbindung der Chello-StudentConnect-Benutzer zur TU Wien verläuft
aus der Sicht des Chello-Netzes über die externe Anbindung Chellos
an das Internet. Regional für den Bereich Wien gesehen, bedeutet dies
eigentlich eine Verbindung über das an der Universität Wien ansässige
VIX, da sowohl das Chello-Netz als auch das ACOnet (mit der TU Wien als
Teilnehmer am ACOnet) als Partner über das VIX kommunizieren können
(siehe [8]). Mit der Inbetriebnahme der Direktverbindung zur TU Wien wurde
der Weg über das ACOnet und schließlich der VIX umgangen. Diese
Direktschaltung zur TU Wien verläuft vom Anschlusspunkt des Chello-Netzes
am VIX (aber nicht durch den VIX) physikalisch gesehen auf der UDN-Strecke
(Universitätsdatennetz) zwischen Universität Wien und TU Wien.
Die folgende Darstellung soll einen Überblick dazu
geben.

Die Direktverbindung ist mit einer Bandbreite von 10 MBit/s (full
duplex) ausgelegt und ist bis heute noch nicht an ihre Kapazitätsgrenzen
gestoßen (siehe [7]). Ein wesentlich kritischerer Punkt ist die Einmündung
des Chello-Netzes in den Bereich des VIX, wo die dort verfügbare Bandbreite
Chellos auf EBONE, VIX und Direktverbindungen zu den diversen Universitäten,
im speziellen auch zur TU aufgeteilt wird. Die exakte Aufteilung mit den
Eigenschaften, wie sie Chello vorgibt, ist nicht völlig klar, aber
in groben Zügen bekannt. Der Anteil für die Uni-Direktverbindungen
ist dabei so gering, dass bei gleichzeitiger Benützung durch mehrere
Universitäten die von der TU Wien bereitgestellte Bandbreite über
die Direktverbindung (10 MBit/s) nie ausgelastet werden konnte. Diese Chello-seitige
Einschränkung gab in der jüngeren Vergangenheit auch immer wieder
Anlass zur Kritik [10], wobei festzuhalten wäre, dass die TU Wien
hier keinen ausschlaggebenden Einfluss hat. Ebenso ist das VIX in keiner
Weise an dieser Situation beteiligt, da die Direktverbindung zur TU Wien
nicht über den VIX-Verteiler verläuft, sondern nur am VIX-Standort
mit dem Chello-Netz zusammentrifft.
Von der technischen Abteilung Chellos
wurde eine baldige Kapazitätsaufstockung der Anbindung in Aussicht
gestellt, die vermutlich zu einem - bis jetzt noch nicht bekannten - Ausmaß
auch den Universitätsverbindungen zugute kommen wird. Der Weg vom
Chello-Netz zum Internet lässt sich nur durch die Verwendung des Proxy-Servers
steuern und ist sonst fest vorgegeben:
-
Ohne Proxy-Server wird die Chello-eigene Anbindung ans Internet (EBONE
oder was auch immer) herangezogen. Ziele des ACOnets lassen sich über
das Peering am VIX erreichen, mit Ausnahme der TU Wien, die über die
Direktverbindung erreicht wird.
-
Mit dem Proxy-Server (in der für Browser üblichen Autokonfiguration,
[2]) führen alle nicht ins Chello-Netz oder ACOnet gehenden Verbindungen
zuerst zum Proxy-Server, der über die Direktverbindung TU Wien erreicht
wird. Der Proxy-Server stellt schlussendlich die Verbindung zum eigentlichen
Ziel über die externe Anbindung der TU Wien her.
Der Proxy-Server fungiert als Vermittler zwischen TU Wien StudentConnect-Benutzern
und dem Internet, wodurch sich auch eine gewisse Beziehung zum Kostenfaktor
hinsichtlich der externen Anbindung der TU Wien ergibt. Daraus resultieren
entsprechende Einschränkungen bzw. Konfigurationsmerkmale am Proxy-Server:
-
Als Proxy-Protokoll steht SOCKS Version 4 und Version 5 zur Verfügung,
siehe [11]. Client-Programme müssen entweder von sich aus dieses Protokoll
unterstützen oder die Netzwerkschicht des Betriebssystems wird durch
eine "socksified" Variante ersetzt bzw. ergänzt, die den SOCKS-Zugriff
einem Clientprogramm völlig transparent erscheinen lässt.
-
Es werden nur TCP Protokolle zugelassen - UDP Verkehr wird nicht zugelassen.
-
ICMP Verkehr (ping etc.) geht grundsätzlich nicht über den Proxy-Server
(obgleich im SOCKS-Protokoll ein Ping Mechanismus vorgesehen ist, aber
hier nicht zur Anwendung kommt).
-
Es werden nur die gängigen Services durchgelassen (z. B. HTTP, HTTPS,
FTP, POP, IMAP, SMTP etc.). Eine genaue Auflistung ist in [2] angegeben.
Nicht unterstützte Protokolle müssen gegebenenfalls über
die kontingentierte proxy-lose Verbindung aufgebaut werden.
Referenzen
[1] Online-Zugang über Chello für Studierende
und Angehörige der TU Wien: http://www.tuwien.ac.at/zid/zserv/inf/chello.html
[2] SOCKS-Server Chello-Internet-Anschluss: http://nic.tuwien.ac.at/services/socks/
[3] Online-Zugang über TeleWeb, Pipeline 25,
Juni 1998, http://www.tuwien.ac.at/pipeline/p25/teleweb.html
[4] Chello (national, international) und UPC Telekabel:
http://www.chello.at/,
http://www.chello.com/,
http://www.telekabel.at/
[5] Chello Usergroup: http://chello.or.at/
[6] Chello User-Vertreter Portal - NetWatcher: http://www.uv.chello.or.at/
[7] Statistik der TU Wien - Chello Direktverbindung:
http://nic.tuwien.ac.at/tunet/traffic/anbindung.cgi?log=teleweb
[8] ACOnet: http://www.aconet.at/ACOnet2000.htm
[9] Vienna Internet eXchange (VIX): http://www.vix.at/
[10] Diskussionen in den USENET Newsgroups: at.tuwien.tunet,
at.univie.edv, at.internet.provider
[11] SOCKS Referenzimplentierung: http://www.socks.nec.com/refsoftware.html
Zum Inhaltsverzeichnis,
ZIDline 4, Dezember 2000